Sardinien

Sardinien
Sar|di|ni|en; -s:
italienische Insel im Mittelmeer.

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Sardini|en,
 
italienisch Sardegna [sar'deɲɲa], zweitgrößte Insel Italiens, 23 813 km2, mit Nebeninseln als autonome Region 24 090 km2, 1,65 Mio. Einwohner, Hauptstadt ist Cagliari.
 
Landesnatur:
 
Sardinien ist Teil der »korsardinischen« Masse, die einen Rest des tyrrhen. Festlandes darstellt (durch plattentektonische Bewegungen verdriftete und gedrehte kontinentale Scholle), und ist aufgebaut aus Graniten, Gneisen und Glimmerschiefer, die in einem von Nordwesten nach Südosten ziehenden Streifen von miozänen Meeresablagerungen, teilweise mit vulkanischen Gesteinen, überdeckt sind. Der breite Campidanograben trennt den Hauptteil der Insel von dem bergbaulich wichtigen Iglesientebergland im Südwesten. Den Nordosten bildet die von Granitkuppeln, Hochflächen und Riaküste bestimmte Landschaft Gallura. Im Osten herrschen Hochflächen, das weite Gennargentumassiv (1 834 m über dem Meeresspiegel), Jurakalktafelberge, tiefe Zertalungen und Steilküste vor. Sardinien hat typisches Winterregenklima mit trockenen Sommern, besonders warmes Klima hat die Südküste.
 
Die Bevölkerung nimmt trotz anhaltender Abwanderung zum italienischen Festland langsam zu. Die ländliche Bevölkerung lebt v. a. in den geschlossenen Siedlungen der unteren Gebirgsstufe. Die einst versumpften und wegen Malariagefahr gemiedenen Küstenebenen wurden seit der Bekämpfung der Malaria (1946-50) im Zuge der Binnenkolonisation und Bodenreform auch mit Einzelhöfen durchsiedelt. - Neben Sardisch (rd. 1,4 Mio. Sprecher) im mittleren und südlichen Teil und Katalanisch in Alghero (rd. 15 000) werden im Nordosten zwei dem Korsischen ähnliche Mundarten gesprochen.
 
Die Wirtschaft erfuhr u. a. durch die Bodenreform, den Talsperrenbau (Omodeo- und Coghinasstausee sind die größten Italiens), durch Industrieansiedlung, v. a. Erdölraffinerien und petrochemische Industrie (Cagliari, Sulcis, Porto Torres, Sarroch/Porto Foxi), Papier- (Arbatax) und Kunstfaserproduktion (Ottana), kräftige Impulse. Der Bergbau, v. a. auf Zink, Blei und Braunkohle, hat erheblich an Bedeutung verloren. Im Norden überwiegt der Anbau von Mischkulturen (v. a. Getreide, Obstbäume). Auf den bewässerten Flächen einiger Küstenebenen und im Campidano wird Gemüse (Tomaten, Artischocken, Gurken) angebaut. In den Granithügel- und Bergländern im Nordosten überwiegen Weideland und ausgedehnte Korkeichenwälder. Die weitgehend entwaldeten höchsten Gebirgsteile dienen als Sommerweiden; Wiederaufforstungen v. a. mit Kiefern. Sardinien hat die höchsten Anteile der italienischen Viehwirtschaft an Schafen (34 %) und Ziegen (24 %). Die Fischerei liefert v. a. Makrelen und Thunfisch. Cagliari hat große Meersalzsalinen. Autofähren und Fluglinien verbinden die Insel mit dem Festland. Zu den alten Touristenzentren wie Alghero kamen die der Costa Smeralda im Nordosten mit Porto Cervo, der Nurra im Nordwesten (Porto Conte), der Costa Paradiso im Norden mit Portobello und die an der Costa del Sud bei Teulada. Das Binnenland ist durch ein gutes Straßennetz erschlossen.
 
Zur Vorgeschichte Mittelmeerraum, Nuraghen.
 
 
Sardinien wurde seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. von Phönikern besiedelt; im 5. Jahrhundert v. Chr. diente es den Karthagern als Getreideland. 238/237 v. Chr. musste Karthago die Insel an die Römer abtreten, 228/227 v. Chr. wurde sie, zusammen mit Korsika, römische Provinz; die einheimischen Stämme im Innern blieben jedoch noch lange selbstständig. Das Christentum ist seit Anfang des 3. Jahrhunderts nachweisbar. Von den Wandalen (455), von Byzanz (534) und kurzfristig von den Ostgoten (551) erobert, geriet Sardinien seit dem 6. Jahrhundert unter zunehmenden Einfluss der Päpste. 711- 1016 wurde die Insel von zahlreichen Sarazeneneinfällen heimgesucht, bei deren Abwehr Pisa im 11. Jahrhundert die wirtschaftliche und politische Macht auf Sardinien errang, Ende des 13. Jahrhunderts jedoch von Genua verdrängt wurde. In diese Kämpfe verwickelt waren auch die einheimischen »Judices« der seit etwa 1000 bezeugten Gerichtsbezirke (Cagliari, Arborea, Logudoro, Gallura). 1297 wurde die Krone Aragonien vom Papst mit Sardinien belehnt, doch erst 1323/24 konnte Jakob II., der Gerechte, die Insel mit Gewalt in Besitz nehmen. Das nunmehr spanische Sardinien kam durch den Frieden von Utrecht 1713 an Österreich und 1720 im Tausch gegen Sizilien an die Herzöge von Savoyen, die den Titel »König von Sardinien« annahmen (Savoyen, Geschichte). Das Königreich Sardinien (Sardinien-Piemont) ging nach der italienischen Einigung 1859-61 im neuen Königreich Italien auf. Im 20. Jahrhundert entwickelten sich auf Sardinien Autonomiebestrebungen, 1948 wurde schließlich eine mit Sonderstatut ausgestattete Region Sardinien geschaffen. Stärkste regionale Partei ist der Partito Sardo d'Azione (Sardische Aktionspartei; gegründet 1921).
 
 
P. Tola: Dizionario biografico degli uomini illustri di Sardegna. .., 3 Bde. (Turin 1837-38, Nachdr. Bologna 1966);
 S. A. Sanna: S.-Bibliogr. Dt. Beitrr. zur Erforschung der Insel (1974);
 R. King: Sardinia (Newton Abbot 1975);
 T. A. von Borsig u. a.: S. (1977);
 O. K. Hiller: S., in: Mitt. der Geograph. Gesellschaft in München, Bd. 63 (1978);
 
Kunst u. Kultur S.s. Vom Neolithikum bis zum Ende der Nuraghenzeit, bearb. v. J. Thimme, Ausst.-Kat. (1980);
 S. Di Natale: Schäfer auf S. Ein archaischer Beruf im Kapitalismus (1985);
 R. Exel: S. Geologie, Mineralogie, Lagerstätten, Bergbau (Bern 1986);
 R. Pauli: S. Gesch., Kultur, Landschaft. Entdeckungsreisen auf einer der schönsten Inseln im Mittelmeer (71990).
 

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Sar|di|ni|en; -s: italienische Insel im Mittelmeer.

Universal-Lexikon. 2012.

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